„Eine Black Box mit einem Wintermantel aus Glas“ – das neue Bauhaus Museum in Dessau (addenda architects)

Im September 2019 eröffnete mit dem Bauhaus Museum Dessau. Geplant wurde es vom Architekturbüro addenda architects aus Barcelona. Mit Lichtlösungen von Zumtobel werden die Exponate ins rechte Licht gerückt, während sich die Fläche darunter in ihrer Lichtinszenierung flexibel auf die Raumnutzung einstellt.

Das Museum ist eine neue Heimat für die Sammlung der Stiftung Bauhaus Dessau. „Eine Black Box mit einem Wintermantel aus Glas“ – so beschreibt Architekt Roberto González den Neubau. Im Innern schwebt ein Kubus aus Beton, scheinbar schwerelos. Fünf Meter über den Köpfen der Besucher hängt der schwarze Riegel, lediglich empor gehalten von zwei Treppenhäusern.

addenda architects gewannen den Architekturwettbewerb mit 831 Teilnehmern

Das neue Haus am historisch wichtigsten Standort ist ein eigenständiger Bau, der sich bewusst nicht an das ehemalige und als UNESCO-Weltkulturerbe ausgezeichnete Schulgebäude angliedert. Das Museum steht im Dessauer Stadtpark – und damit mitten in der Stadt. Entworfen wurde es von einem jungen Architekturbüro aus Barcelona, das sich mit seinem Konzept gegen 831 Einreichungen durchsetzte.

Blick auf den Eingangsbereich des neuen Bauhaus Museum Dessau von addenda architects (Foto: Zumtobel)
Blick auf den Eingangsbereich des neuen Bauhaus Museum Dessau von addenda architects (Foto: Zumtobel)

addenda architects, hinter dem Roberto González, Anne Hinz, Cecilia Rodríguez, Arnau Sastre und José Zabala stehen, ist ein kollaboratives Studio mit einem interdisziplinären Hintergrund. Das Team setzt sich aus Gestaltern zusammen, die ursprünglich in verschiedenen kreativen und kulturellen Bereichen arbeiten und sich dadurch in besonderer Weise auf den konkreten Kontext einstellen. Denn auch das Bauhaus war ein Ort für eine Gestalter-Gemeinschaft aus aller Welt. Und stand dabei für das fachübergreifende Arbeiten und einen handwerklichen Bezug.

Konsequente Funktionstrennung für die ständige Bauhaus-Sammlung sowie für Veranstaltungen oder Wechselausstellungen

Die jungen Architekten wollten die Geschichte bewusst nicht zitieren. Trotzdem steckt auch im Museum jede Menge Bauhaus. „Aber nicht im Sinne von Mies van der Rohes ‘Less is more’. Für uns galt “More with less”, erklärt Roberto González. „Bei unserem Gebäude geht es um Proportion, Positionierung und Raum. In der richtigen Kombination zeigt sich, dass man mit wenigen Ressourcen ein herausragendes Ergebnis erhält.“ 1.500 Quadratmeter Fläche für die Sammlungspräsentation sollte das neue Gebäude bieten – ohne Tageslichteinfall und mit optimalen klimatischen Bedingungen für die ausgestellten Objekte. Außerdem forderte das Konzept einen Bereich zur flexiblen Nutzung, der als Fläche für Veranstaltungen oder Wechselausstellungen eingesetzt werden kann.

Konsequenter als addenda architects hätte man die beiden Funktionen kaum trennen können. Fünf Meter über dem Boden schwebt ein 100 Meter langer und 18 Meter breiter Raum-Riegel als Black Box. Im Innern findet die mit rund 49.000 Objekten weltweit zweitgrößte Bauhaus-Sammlung ein neues Zuhause. Über 1.000 Exponate davon präsentiert die Ausstellung „Versuchsstätte Bauhaus. Die Sammlung“. Mit der übergreifenden Lichtplanung von Lichtvision Design, der Ausstellungsbeleuchtung von ENVUE HOMBURG LICHT und Lösungen von Zumtobel zieht Licht in den schwarzen Kubus ein. Als exklusiver Lichtpartner liefert Zumtobel alle Lichtlösungen und arbeitete in der Planungs- und Realisierungsphase eng mit den verantwortlichen Architekten, Ausstellungsgestaltern und Lichtdesignern zusammen.

Die Lichtplanung unterstützt den Architektur-Entwurf

Dabei haben die Planer von Lichtvision Design besonders viel Wert darauf gelegt, die Klarheit und Stringenz des architektonischen Entwurfs zu unterstützen. „Die Lichtplanung schafft im Bereich der Decke eine serielle, industrielle, flexible und lineare Grundstruktur“, erklärt Carla Wilkins von Lichtvision Design. Die Leuchte TECTON ist ein Lichtbandsystem, das sich durch seine flexiblen und umfangreichsten Komponenten auf jede Beleuchtungsaufgabe einstellt – elektrotechnische Sonderlösungen eingeschlossen. Allgemein-, Not- und Ausstellungsbeleuchtung konnten mit nur einem System realisiert werden. Im Erdgeschoss sorgen linear installierte Lichteinsätze für ein diffuses und demokratisches Licht. In einzelnen Bereichen ergänzen Einzelstrahler das Lichtband, setzen Akzente und unterstützen die Orientierung. „Die Minimierung der Stilmittel in der Lichttechnik stellt den Raum in den Vordergrund und bildet die Bühne für die vielfältige Nutzung des neu geschaffenen Bauhaus-Raumes“, so Carla Wilkins.

Innenansicht: Die Ausstellungsräume im Erdgeschoss des neuen Bauhaus Museum Dessau von addenda architects (Foto: Zumtobel)
Innenansicht: Die Ausstellungsräume im Erdgeschoss des neuen Bauhaus Museum Dessau von addenda architects (Foto: Zumtobel)

Für die von chezweitz konzipierte Szenografie der Sammlungspräsentation hat ENVUE HOMBURG LICHT die Ausstellungsbeleuchtung geplant. Hier spielt vor allem das inszenierte beziehungsweise gerichtete Licht eine wichtige Rolle. Das Strahlersystem ARCOS ist gezielt auf den Einsatz im musealen Kontext zugeschnitten. Es sorgt für eine akzentuierte, präzise und authentische Inszenierung der Exponate und der Ausstellungsarchitektur. Die innovative LED-Beleuchtung in Kombination mit abgestimmten Reflektoren und ausgewählten Optiken erzeugt eine einzigartige Lichtqualität für die subtile Präsentation mit transluzenten, weißen und farbigen Materialien. Durch ARCOS wird Licht in Dessau zum Werkzeug für die perfekte Inszenierung von Kunst und Design. „Der Raum der Black Box nimmt sich maximal zurück und ist auf Grund seiner dunklen Wände quasi nicht vorhanden – alles Streulicht wird absorbiert“, erläutert Urs Schreiner von ENVUE HOMBURG LICHT.

Vorgreifend wurden auch Beacon-Module integriert. Diese kleinen, stationäre Funkstellen berücksichtigen zukünftige Anwendungen des Museums, wie einen digitalen Museumsführer, die mobile Navigation durch die Ausstellung oder maßgeschneiderte Informationssysteme zu den Exponaten. Die parallele Installation führt zwei Technologien in einem Objekt zusammen – auch wenn das Internet der Dinge erst später in das Museum einziehen wird. Ein weiterer wichtiger Anspruch ist auch die Adaptivität des installierten Licht-Systems. Denn dadurch, dass die Nutzung der offenen Gemeinschaftsfläche unter dem Ausstellungskubus nicht fest definiert ist, muss sich auch die Lichtinszenierung dynamisch anpassen lassen – an Vortragssituationen, Workshops oder temporäre Installationen.

„Eine Black Box mit einem Wintermantel aus Glas“ – so beschreibt Architekt Roberto González, addenda architects, das von seinem Büro entworfene neue Bauhaus Museum Dessau (Foto: Zumtobel)
„Eine Black Box mit einem Wintermantel aus Glas“ – so beschreibt Architekt Roberto González, addenda architects, das von seinem Büro entworfene neue Bauhaus Museum Dessau (Foto: Zumtobel)

Das Erdgeschoss ist ein konsequenter Kontrast zur Black Box. Wer den ebenerdigen, offenen Raum betritt, erlebt einen „magischen Moment“, wie es Roberto González beschreibt. „Plötzlich steht man mitten drin. Es gibt keine Begrenzungen mehr. Alles scheint offen, transparent und fließend zu sein.“ Wichtig dabei: Die Offenheit wirkt in beide Richtungen. Der Besucher steht hinter der gläsernen Fassade nicht nur wahrnehmbar mitten in der Stadt, das Gebäude wirkt auch umgekehrt auf den urbanen Kontext. Es schafft zur einen Seite die Verbindung zum grünen Park und zur anderen Seite zur Innenstadt. Gerne hätten die Architekten aus Barcelona den Raum unter dem levitierenden Kubus tatsächlich offen gelassen, aber: „Wir befinden uns in Nordeuropa, wo es viel regnen und sehr kalt werden kann. Wir haben deshalb eine Art Wintermantel aus Glas gebaut.“

Die Positionierung im Zentrum Dessaus war eine bewusste Entscheidung, das neue Haus soll die Bauhaus-Anhänger in die Stadt bringen. Und auch der Standort im Stadtpark wurde berücksichtigt. Was dem Park an Grundfläche verloren geht, wird ihm teilweise über die Dachfläche zurückgegeben. Sie wird begrünt zur fünften Fassade und die Pflanzen helfen, das Gebäude klimatisch zu optimieren. Das Ergebnis ist maximale Offenheit, Flexibilität und konsequente Funktionalität.

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