Offener Brief der Berliner Architekten-Verbände zum Wettbewerb Magnus-Haus

Anlass ist die geplante Bebauung im Garten des barocken Magnus-Hauses in Berlin-Mitte durch die Siemens AG. In einem gemeinsamen Offenen Brief wenden sich Berliner Architektenverbände, -vereinigungen und die Architektenkammer an ihre Mitglieder und Berufskollegen und raten ihnen von einer Wettbewerbsteilnahme ab:

“Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

mit diesem offenen Brief wenden sich die Unterzeichner an mögliche Mitglieder des Preisgerichtes, möglicher- weise eingeladene Architekturbüros oder hinzuziehende Sachverständige für einen Realisierungswettbewerb zur Überbauung des Magnushaus-Gartens in der Pufferzone der Welterbestätte Museumsinsel Berlin. Wie Ihnen vielleicht bekannt ist, ist die Bebauung im Garten des Magnus-Hauses seit langem ein Gegenstand der Auseinandersetzung in Berlin. Das Magnus-Haus mit seinem Freiraum ist, wie der Landesdenkmalrat Berlin in seiner Empfehlung vom 18. Oktober 2013 ausdrücklich hervorhob, dank seiner bisherigen Besitzergeschichte das letzte Beispiel eines barocken bürgerlichen Stadtpalais in Berlin-Mitte und damit ein wichtiges Beispiel für die Stadtentwicklung der letzten Jahrhunderte.

Die verhältnismäßig wenig dichte Bebauung mit zugehörigen Gartenarealen, wie sie im frühen 19. Jahrhundert noch weit verbreitet war, ist inzwischen nahezu vollständig von der großstädtischen Bebauung des 19. und 20. Jahrhunderts verdrängt worden. Der Glücksfall, dass die frühere Situation in diesem singulären Fall erhalten ist, macht aus dem Magnus-Haus mit seinem unversehrten Freiraum ein historisches Zeugnis von höchster Bedeutung. Dazu gab es in der letzten Zeit eine ganze Reihe von Medienberichten. Wichtige Institutionen, unter anderem Denkmalbehörden und auch der Landesdenkmalrat haben öffentlich Stellung bezogen gegen eine weitere Bebauung des Grundstückes.

Wir bitten Sie deswegen, eine Beteiligung an diesem Wettbewerb sorgfältig zu prüfen. Es ist uns bewusst, dass es viel verlangt ist, auf die Einreichung oder auf die Juryteilnahme bei einem so prominenten Wettbewerb zu verzichten. Wir halten es aber für unsere Pflicht, Sie auf die Spezifik dieses Verfahrens hinzuweisen. Der/die ggfs. gekürte Wettbewerbssieger/in, wird mit dem Entwurf voraussichtlich auf Widerstand aus der Bevölkerung und gleichermaßen aus Fachkreisen stoßen. Denn es ist abzusehen, dass der öffentliche Protest gegen das Bau- vorhaben mit dem Wettbewerbsergebnis keineswegs beendet sein, sondern – im Gegenteil – noch zunehmen wird.

An der ablehnenden Haltung der Unterzeichner selbst wird sich nur schwer etwas ändern lassen, denn Raumprogramm und die geforderte Tiefgarage machen eine bauliche Lösung, die der Situation gerecht würde, per se nicht möglich. Wir alle sind engagierte Befürworter von Planungswettbewerben, gerade auch zur Lösung besonders schwieriger Aufgaben.

Durch eine gemeinsam vertretene, klare Haltung könnte die Bauherrin, die Siemens AG, möglicherweise zu einem Umdenken bewegt werden. Einige zur Teilnahme aufgeforderte Büros und Preisrichter haben bereits verzichtet und abgelehnt. Damit diese nicht einfach durch andere ersetzt werden, bitten wir Sie, Ihren Schritt gegebenenfalls auch öffentlich zu machen.

Mit freundlichen Grüßen”

 

Unterzeichner/innen:

Christine Edmaier, Architektenkammer Berlin
Prof. Dr. h.c. Wolfgang Schuster, AIV
Thomas Kaup, BDA
Peter Grosch, BDB
Axel Klapka, BDLA
Prof. Dr. Kerstin Wittmann-Englert, LDR
Kai Wieland, VFA
Jutta Kalepky, SRL

 

Hier der Brief als PDF-Version im Original:

Offener-Brief_-Wettbewerb_Magnus-Haus1

 

Foto: Alfred Englert

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