Sanierung der Hyparschale Magdeburg von Ulrich Müther durch gmp
Die Hyparschale in Magdeburg, ursprünglich 1969 nach den Entwürfen von Ulrich Müther realisiert, wurde am 20. Juni 2024 nach über 20 Jahren Leerstand feierlich wiedereröffnet.
Sanierung und der Umbau erfolgten von 2019 bis 2024 nach Plänen des Architekturbüros von Gerkan, Marg und Partner (gmp). Ziel war es, die Raumwirkung des ikonischen Schalendachs zu erhalten und die denkmalgeschützte Halle als multifunktionalen Veranstaltungs- und Ausstellungsort wiederzubeleben.
Ein Video der Architektenkammer Sachsen-Anhalt vom Juni 2024 stellt das Sanierungsprojekt und seine historischen Hintergründe vor:
Hier wäre eigentlich ein Youtube-Video zu sehen. Um Videos ansehen zu können, müssen Sie es in Ihren … erlauben.
Bau des Schalendaches 1969
Das Schalendach schwingt in der Mitte der Halle bis zu einer Raumhöhe von 12 Metern und an den Gebäudeecken auf eine Höhe von nahezu 16 Metern. Im Untergrund verbinden Zugbänder die vier Schalen und sichern die Standfestigkeit. Der originale Bau des Schalendaches wurde durch die Firma Gerling & Rausch in Spritzbeton nach Anleitung Ulrich Müthers ausgeführt. Dabei brachten die Handwerker die nur 7 Zentimeter dicke Betonschicht mit Spritzpumpen im sogenannten „Torkretverfahren“ quadrantenweise auf eine Holzschalung auf. Die Besonderheit war, dass die vier hyperbolischen Paraboloide jeweils ohne eine Unterteilung in mehrere Abschnitte und ohne Unterbrechung in einem Guss betoniert wurden.
Denkmalgerechte Sanierung und zeitgemäße Nutzung
Die am östlichen Elbufer gelegene Hyparschale besteht aus vier hyperbolischen Paraboloiden. Diese regelmäßig doppelt gekrümmten Dachflächen überspannen eine Fläche von 48 x 48 Metern und ermöglichen eine völlig stützenfreie Halle. Der ursprüngliche Bau diente als Mehrzweckhalle für die Magdeburger Messe.
Im Inneren wurde eine neue Raumstruktur geschaffen, die das quadratische Grundsystem Müthers aufgreift. Vier Kuben mit einer Grundfläche von jeweils 15 x 15 Metern wurden in den Ecken der Halle platziert.

Auf den Kuben befinden sich Galerien, die durch Brücken miteinander verbunden sind. Diese flexibel nutzbare Struktur bietet Räume für kleinere Veranstaltungen, Seminare, Ausstellungen und Gastronomie sowie den großen Veranstaltungssaal in der Mitte der Halle, der bis zu 500 Personen fasst.
Sanierung mit Carbonbeton: Tragfähigkeit des Schalendaches wurde erhöht
Durch die Sanierung mit Carbonbeton wurde die Tragfähigkeit des Daches nicht nur wiederhergestellt, sondern sogar erhöht. Die ursprünglich wegen Undichtigkeit verschlossenen Oberlichter zwischen den Schalen wurden wieder geöffnet, Tageslicht flutet nun die sehenwerten Raumkonstellationen im Inneren des Gebäudes.
Die Sanierung der Betonschalen mit Carbonbeton stellte eine technische Herausforderung dar. Durch ein speziell entwickeltes Verfahren konnte die ursprüngliche Schalendicke von nur 70 Millimetern millimetergenau wiederhergestellt werden. Der flexible Verbundwerkstoff verstärkt die Schale und schützt sie vor Korrosion.
Neue Glasfassade ersetzt die bisherige Industrieverglasung
Die neue transparente Glasfassade gibt den Blick auf den Rotehornpark frei und ersetzt die alte Industrieverglasung, wobei die ursprüngliche Fassadengliederung erhalten blieb.

Die gesamte Sanierung erfolgte in zwei Bauabschnitten. Zunächst wurde das Dach saniert, danach folgten die Modernisierung der Fassadenkonstruktion und der Umbau im Inneren. Diese Maßnahmen waren notwendig, um den Anforderungen des Denkmalschutzes gerecht zu werden und gleichzeitig eine moderne Nutzung zu ermöglichen.
Beispielprojekt für Erhalt und Modernisierung von Nachkriegsarchitektur
Die Hyparschale Magdeburg ist ein Beispiel für den gelungenen Erhalt und die Modernisierung von Nachkriegsarchitektur. Der Einsatz von Carbonbeton und die behutsame Sanierung haben dazu beigetragen, dass dieses bedeutende Bauwerk weiterhin genutzt und geschätzt werden kann.

Projektdaten: Hyparschale Magdeburg
Projektinformationen
- Lage: Östliches Elbufer, Magdeburg
- Größe: 48 x 48 Meter (Dachfläche), BGF: 3.948 m²
- Nutzung: Multifunktionaler Veranstaltungs- und Ausstellungsort
- Fertigstellung: 1969 (Bestandsbauwerk), 2024 (Sanierung)
- Bauzeit: erster Bauabschnitt 2019–2021, zweiter Bauabschnitt 2021-2024
Projektbeteiligte
- Bauherr: Landeshauptstadt Magdeburg, Eigenbetrieb Kommunales Gebäudemanagement
- Architekt (1969): Ulrich Müther, in Zusammenarbeit mit Horst Freytag
- Bauausführung (1969): Gerling & Rausch KG
- Architekten (Umbau): Meinhard von Gerkan und Stephan Schütz mit Christian Hellmund
- Projektleitung: Sophie von Mansberg, Ursula Köper
- Mitarbeit: Rosaria de Canditiis, Jan-Peter Deml, Annett Fabian, Florian Illenberger, Sonja Kautz, Annette Löber, Bao Wangtao, Maria Wolff, Thilo Zehme, Aaron Zuber
- Objektüberwachung gmp: Moritz Buchholz, Jessica Neumann, Christoph Rohner, Viktor Saib, in Zusammenarbeit mit A.BB Architekten, Rudolf Droste
- Tragwerk/Brandschutz: Prof. Rühle, Jentzsch & Partner, Dresden
- TGA: Haupt Ingenieurgesellschaft, Leipzig; Ingenieurbüro Elektrotechnik Dipl.Ing. Andreas Kist, Burg
- Lichtplanung: Lichtvision Design, Berlin
- Akustik: ADA Acoustics & Media Consultants, Berlin
- Leitsystem: Moniteurs GmbH Kommunikationsdesign, Berlin
- Straßen-, Tiefbau- und Abwassertechnik: IKM Ingenieurkontor Magdeburg
- Bauphysik: Ingenieurbüro Kriegenburg, Magdeburg; ITG Energieinstitut GmbH, Magdeburg
- Carbonbeton-Technologie: CARBOCON, Dresden
Angewendete Bautechnik
- Sanierung der Betonschalen mit Carbonbeton
- Erhalt der räumlichen Wirkung des Schalendachs
- Neustrukturierung des Innenraums mit vier Kuben und Galerien
- Öffnung der Oberlichter zwischen den Schalen
- Erneuerung der transparenten Glasfassade