REWE-Markt in Berlin-Friedrichshain: Ein Gewerbebau aus Infraleichtbeton

In Berlin-Friedrichshain konnte Anfang Mai 2023 der bundesweit erste REWE-Markt aus Infraleichtbeton eröffnet werden. Geplant wurde der Experimentalbau vom Architekturbüro Baumgardt Franke aus Leipzig.

Der neue Supermarkt befindet sich zwischen RAW-Gelände und Ostkreuz in der Revaler Straße 33. REWE ist Eigentümer des Grundstücks, dadurch habe das Unternehmen bei den Planungen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben freie Hand, berichtet Dirk Heimann, Leiter Bauwesen REWE Ost.

“Wir können nach unseren Überzeugungen die Baustoffe auswählen, das Gebäudeinnere gestalten und nachhaltige Kriterien festlegen”, betont Heimann. “In Berlin-Friedrichshain testet wir nun zum ersten Mal Infraleichtbeton, er kommt bei den Außenwänden und der Brandschutzmauer zum Einsatz.” Das Unternehmen hat rund 14 Millionen Euro in den Neubau investiert.

“Für uns ist es ein Testlauf, der Baustoff hat Potenzial. Er hat einen geringeren CO2-Fußabdruck als herkömmlicher Beton unter anderem wegen des geringeren Zementgehalts. Wir brauchen keine zusätzliche Dämmung, es ist ein Stück weit die Rückkehr zum einfachen Bauen”

Dirk Heimann, Leiter Bauwesen REWE Ost

Die Ingenieur:innen vom weltweit tätigen Büro schlaich bergermann partner und Prof. Mike Schlaich haben das Projekt mitgestaltet und intensiv begleitet. An der Technischen Universität Berlin (TU Berlin) erforschen Mike Schlaich und sein Team am Institut für Bauingenieurwesen das Material seit 2006.

“Infraleichtbeton ist positiv für die CO2-Bilanz” (Prof. Mike Schlaich)

Der monolithische Baustoff hat mit 800 Kilogramm pro Kubikmeter eine sehr geringe Rohdichte. Er entsteht, indem Beton sehr leichte Gesteinskörnungen wie Blähton zugefügt werden. Dabei wird Luft im Material eingeschlossen. Dadurch ist Infraleichtbeton leichter als Wasser und wärmedämmend. “Da die Außenwände weder extra Dämmung noch Schallschutz benötigen, ist Infraleichtbeton positiv für die CO2-Bilanz und die spätere sortenreine Trennung der Baustoffe.”

“Projekte im Wohnungsbau und eingeschossige öffentliche Bauwerke wurden bereits mit Infraleichtbeton umgesetzt, der REWE-Markt ist nun der deutschlandweit erste Gewerbebau.”

Prof. Mike Schlaich, Institut für Bauingenieurwesen an der TU Berlin

“Rückkehr zu den Wurzeln des Bauens” (Architektin Dagmar Baumgardt)

Die Wände des neuen Gebäudes sind neun Meter hoch und 40 bis 50 Zentimeter dick. Architektin Dagmar Baumgardt sagt: “Der konstruktive Leichtbeton vereint in einem monolithischen Material die tragende und die wärmedämmende Funktion einer einschichtigen Gebäudehülle. Die Arbeit mit Infraleichtbeton stellt eine Rückkehr zu den Wurzeln des Bauens dar.”

Der neue Supermarkt aus Infraleichtbeton befindet sich zwischen RAW-Gelände und Ostkreuz in der Revaler Straße 33 (Foto: Christoph Große)
Der neue Supermarkt aus Infraleichtbeton befindet sich zwischen RAW-Gelände und Ostkreuz in der Revaler Straße 33 (Foto: Christoph Große)
Der Neubau ist ein "REWE Green Building" und hat eine Verkaufsfläche von knapp 2.000 Quadratmetern (Foto: Christoph Große)
Der Neubau ist ein “REWE Green Building” und hat eine Verkaufsfläche von knapp 2.000 Quadratmetern (Foto: Christoph Große)

Hergestellt wurde der Baustoff in den Werken von Heidelberg Materials. “Ein Projekt mit diesem speziellen Baustoff in diesen Dimensionen war für alle Neuland. Die wohl größte Herausforderung bestand mit dem Infraleichtbeton darin, die über neun Meter hohe Brandwand sowohl baustofflich als auch bemessungstechnisch und dabei noch praktikabel umsetzbar zu konzipieren”, meint Robert Bachmann, Leiter Technischer Vertrieb bei Heidelberg Materials.

Holzleimbinder mit bis zu 27 m Spannweite

Das Dach des Marktgebäudes besteht aus einer leichten, gedämmten Stahltrapezkonstruktion, das Tragwerk aus Holzleimbindern mit Spannweiten bis zu 27 Metern. Die Innenwände bestehen aus Kalksandstein und Gipskartonständerwänden. Die Glasfassaden, Fenster und Türen sind in Aluminiumkonstruktionen gefasst.

Neben dem Baustoff Infraleichtbeton sorgen weitere Faktoren für eine deutlich bessere Energie- und CO2-Bilanz des REWE-Marktes in Friedrichshain im Vergleich zu einem Standardbau: Der Neubau ist ein REWE Green Building mit modernster Heizungs-, Lüftungs- und Beleuchtungstechnik sowie sparsamen Kälteanlagen. Bundesweit gibt es rund 250 dieser Energiesparmärkte, davon 14 in Berlin.

“Solch ein ressourcenschonend errichteter Energiespar-Markt spart bis zu 40 Prozent Energie. Die Heizenergie wird zu 80 Prozent durch Abwärmenutzung aus der zentralen Gewerbekälte und zu 20 Prozent über den Einsatz von Wärmepumpen abgedeckt.”

Dirk Heimann, Leiter Bauwesen REWE Ost

Die Heizungs-, Lüftungs-, Beleuchtungs-, Klima- und Kälteanlage des Neubaus belasten die Umwelt nicht mit CO2-Emissionen, der Supermarkt wird also CO2-neutral betrieben. Zur modernen Haustechnik zählen auch komplett verglaste Kühlregale mit LED-Beleuchtung, bei denen ausschließlich natürliche Kältemittel zum Einsatz kommen.

Bereits seit 2010 werden alle REWE-Märkte mit 100 Prozent Grünstrom betrieben. REWE Green Buildings werden nach Fertigstellung von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) geprüft und offiziell zertifiziert.

Der Frischebereich im neuen REWE-Markt, darüber das Tragwerk aus Holzleimbindern mit Spannweiten bis zu 27 Metern (Foto: Christoph Große)
Der Frischebereich im neuen REWE-Markt, darüber das Tragwerk aus Holzleimbindern mit Spannweiten bis zu 27 Metern (Foto: Christoph Große)

Der barrierefreie Supermarkt in der Revaler Straße hat eine Verkaufsfläche von knapp 2.000 Quadratmetern, auf der 20.000 verschiedene Lebensmittel angeboten werden. In der Tiefgarage stehen rund 100 Pkw-Stellplätze zur Verfügung. Fahrräder können oberirdisch direkt vor dem Eingang des REWE-Marktes abgestellt werden, außerdem gibt es 42 Pkw-Stellplätze, davon vier Behindertenparkplätze und sechs mit Ladestationen für Elektroautos.

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